Konzept Intensivgruppe
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Konzeption Intensivgruppe für Mädchen als pdf
INTENSIVGRUPPE FÜR
MÄDCHEN
Zollernstrasse 48
52070 Aachen
Tel: 0241-5153587 – Fax: 0241-4014262
e-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Inhalt
1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2. 2.1 2.2 2.3 2.4 3. 4. 4.1 4.2 4.3 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.2.1 4.4.2.2 4.4.3 4.4.3.1 4.4.3.2 4.4.4.3 4.4.4 4.4.4.1 4.4.4.2 5. | Gesamteinrichtung Träger Jugendhilfeeinrichtungen Die Intensivgruppe Aufnahmebedingungen Betreuungsrahmen Betreuungs- und Behandlungsverbund Arbeitsgrundlage Kooperation Kinder- u. Jugendpsychiatrie RWTH AC Mädchenspezifische Arbeit Konzeptionelle und inhaltliche Ausrichtung Betreuungsziele Leistungsbereich Platzzahl Betreuungsdichte, Qualifikation Zielgruppe Struktur der Gruppe Aufnahme und Diagnostik Pädagogik in Alltag und Freizeit Die Gruppen Das Mädchen Beratung Die Gruppen Das Mädchen Familienberatung Medizin Die Gruppe Das Mädchen Das Team |
KONZEPTION
Intensiv – Gruppe für Mädchen und junge Frauen
1. Gesamteinrichtung
1.1 Träger
Der Verein WABe e. V. – „W“ohnung, „A“rbeit und „Be“ratung – wurde im Jahr 1985 in Aachen gegründet und nahm seine Tätigkeit im Bereich der Jugendhilfe 1990 auf.
Im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland ist der Verein u.a. auch im Fachverband für Erzieherische Hilfen vertreten und tätig.
1.2. Die Jugendhilfe - Einrichtungen
Im Sinne einer parteilichen Mädchenarbeit können insgesamt 21 Mädchen und junge Frauen in drei Gruppen betreut werden.
Das Angebot umfaßt eine Regelgruppe, in der 9 Mädchen im Alter zwischen 10 und 17 Jahren Aufnahme finden. In dieser Gruppe finden Mädchen ein Zuhause, deren Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsverzögerungen die Zugehörigkeit zu einer Gruppe unter professioneller Begleitung notwendig machen.
Zwei Verselbstständigungsgruppen mit je 4 Mädchen, in denen Mädchen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren Aufnahme finden, die noch einen Gruppenrahmen brauchen und sich auf dem Weg zur Selbständigkeit befinden.
Die dritte Gruppe, die Intensivgruppe steht 8 Mädchen zur Verfügung, die sich an der Schnittstelle zwischen Psychiatrie und Jugendhilfe befinden. Über ein Kooperationskonzept mit der Kinder– und Jugendpsychiatrie in Aachen können Familien ganzheitlich betreut werden, das heißt sowohl medizinische als auch pädagogische Hilfen erhalten.
1.3. Die Intensivgruppe
Dieser Gruppe steht eine renovierte Altbauwohnung zur Verfügung, die über drei Etagen verläuft und ungefähr 300 qm Wohnfläche umfaßt. In ihr können die Mädchen Doppelzimmer und Einzelzimmer bewohnen. Daneben befinden sich drei Bäder und zwei WC`s im Haus, eine Wohnküche, ein großer Gemeinschaftsraum, sowie ein PC - Raum mit Internet - Zugang. Für die Beratung sind zwei Gruppenräume und ein kleinerer Raum für die Einzel – Familien - und Gruppengespräche vorhanden. Darüber hinaus stehen den Mitarbeiterinnen ein Büro und ein Teamraum bereit. Das Haus befindet sich in zentraler Lage in der Stadtmitte, hat zwei begrünte Dachterrassen und ist mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut erreichbar.
1.4. Aufnahmebedingungen
Aufgenommen werden Mädchen ab 12 Jahren, die folgende Voraussetzungen erfüllen:
Freiwilligkeit
Zusage des zuständigen Leistungsträgers für die Übernahme der Kosten gem. § 27 KJHG, §§ 34, 35 a KJHG Hilfen zur Erziehung, § 41 KJHG
Bereitschaft zur Mitarbeit
Bereitschaft zur Entwicklung einer Schul- und Berufsperspektive
der Wille und Wunsch zu einer Auseinandersetzung mit den Hintergründen und den Veränderungen der Symptome
Bereitschaft zur Kontrolle bis hin zu einer medizinischen Wiederaufnahme in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
1.5. Betreuungsrahmen
Gemäß einer Intensiv - Gruppe hat diese Einrichtung einen Betreuungsschlüssel von 1 : 1,33
Bedarfslage und Zielsetzung werden in den regelmäßig alle 3 - 6 Monate stattfindenden Hilfeplangesprächen mit den Sozialarbeiterinnen der Jugendhilfe, den Eltern, den Kollegen der Kinder und Jugendpsychiatrie und den Kollegen aus den Schulen und Ausbildungsträgern abgestimmt.
Bei den häufig sehr unterschiedlichen Problemlagen der Mädchen ergeben sich zwangsläufig eine differenzierte und individuelle Aufgabenstellung. Dies gilt auch für den Betreuungszeitraum.
2. Arbeitsgrundlage
2.1. Betreuungs- und Behandlungsverbund
Eine stationäre Betreuungseinrichtung für Mädchen und junge Frauen, wie wir sie verstehen, ist eingebunden im Gesamtkomplex von Familie, Jugendhilfe, Psychiatrie, Schule und Ausbildung. Deshalb ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit die Pflege und der Ausbau von Kooperationen mit den Jugendhilfe - Einrichtungen in Aachen. Die Familien oder die Sorgeberechtigten der Mädchen werden vor Ort im Sinne der Partizipation an den Entwicklungsprozessen, die in der pädagogischen Arbeit entstehen beteiligt. Die medizinischen Kolleginnen, als auch die Lehrerinnen und vor allem die Kolleginnen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe werden in den Prozeß der pädagogischen Betreuung und Begleitung mit eingebunden.
2.2. Kooperation Kinder - und Jugendpsychiatrie der RWTH Aachen
Die Kinder - und Jugendpsychiatrie der RWTH Aachen, der Verein WABe e. V. und das Jugendamt der Stadt Aachen haben sich vertraglich verpflichtet, gemeinsam zu kooperieren. Dies bedeutet für die Familien, dass sie eine Sicherheit für die medizinische Betreuung ihrer Töchter erhalten und dass die Nachsorge für die körperliche Erkrankung ihrer Tochter in der Wohngruppe auch neben den pädagogischen Aufgaben im Blick bleiben.
Falls es zu einer erneuten Aufnahme kommen sollte, ist die Kinder – und Jugendpsychiatrie bereit, diesen Familien sofort einen Platz zur Verfügung zu stellen.
Das Jugendamt der Stadt Aachen unterstützt diese Kooperation, das Landes-jugendamt Rheinland unterstützt den Verein Wabe e. V. seit Juni 2002 finanziell, damit dieses Projekt der Kooperation zwei Jahre lang durch das „Büro für sozialwissenschaftliche Projekte“ wissenschaftlich begleitet werden kann.
Die Ergebnisse werden nach Abschluss der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
2.3. Mädchenspezifische Arbeit
Geschlechtshomogene Gruppen bieten Schutzräume, in denen einerseits geschlechts – und altersspezifische Entwicklung gefördert auf der anderen Seite Verletzungen nicht verborgen, sondern gezeigt und gelebt werden können.
Gerade in Zeiten, wie der Pubertät, einem Entwicklungsabschnitt, indem den Menschen so viele Aufgaben gleichzeitig gestellt werden, die auch bewältigt werden müssen, sind immer wieder Schutzräume nötig, um Handlungsmuster verändern und neu erproben zu können. Durch die körperlichen Veränderungen, deren äußere Sichtbarkeit und die Reaktion der Umwelt auf diese, können Verletzlichkeiten entstehen, die sich in Verhaltensauffälligkeiten niederschlagen.
Mädchen unserer Gesellschaft neigen eher dazu interne Verarbeitungsmuster wie Essstörungen, Schulschwierigkeiten oder depressive Verweigerungshaltungen einzusetzen, um auf ihre Probleme in ihrem sozialen Umfeld und/oder in ihren Familien aufmerksam zu machen.
In der mädchenspezifischen Arbeit können diese als problematisch erlebten Handlungsmuster thematisiert und Alternativen zu diesen erarbeitet werden. Die Gruppe der Gleichaltrigen bietet die Möglichkeit auf spielerische Art und Weise die eigenen Verhaltensweisen, die zum Leidensdruck führen, zu überprüfen und mit Hilfe der Pädagoginnen und Beraterinnen im Alltag zu verändern.
Durch die schulische und berufliche Anbindung und die enge Familienarbeit sind Alltagssituationen über den Schutzraum hinaus vorhanden, die die Überprüfung des Verhaltens, der Gefühle und des Wissens zulassen.
2.4. Konzeptionelle und Inhaltliche Ausrichtung
Unsere Arbeit orientiert sich an den Theorien und dem Menschenbild einer humanistischen Weltanschauung. Dabei kommen innerhalb der pädagogischen Praxis sowohl Ansätze der Entwicklungspsychologie zum Tragen, die sich mit dem Verhalten als auch mit der internen Psychodynamik und der Dynamik in Familien beschäftigen.
Die Entwicklung von Verhaltensauffälligkeiten im Jugendalter ist unserer Ansicht nach Resultat spezifischer Einflüsse und Interaktionsprozesse: Individuelle, persönlichkeitsspezifische Vulnerabilität, Konflikte bei der Anpassung an soziale Bedingungen und Schwierigkeiten bei der Ablösung aus dem Elternhaus.
Gerade internen Verarbeitungsmustern von Problemen und Konflikten kommt eine systemstabilisierende Funktion zu. Da die Kommunikation und Interaktion im familiären Umfeld durch die jeweilige Störung belastet sind, befürworten wir eine zeitlich begrenzte Herauslösung aus dem familiären Haushalt. So wird durch die Distanz Raum für Veränderungen sowohl individueller Art als auch in der Familie geschaffen.
Durch das Leben in der Intensiv - Gruppe können die Mädchen erkennen, mit Hilfe einer anderen Lebensform, dass in den eigenen Verhaltensweisen immer wiederkehrende Muster erscheinen. Mit der Unterstützung der Pädagoginnen erlaubt die Arbeit in der Gruppe sowohl Analyse und Herausarbeitung individueller Auslöser für die jeweilige Krise als auch Erarbeitung von Strategien für die Konfliktverarbeitung.
In Zusammenarbeit mit den jeweiligen Familien und dem spezifischen Umfeld werden individuelle pädagogische Konzepte entwickelt, die den Mädchen langfristig erlauben, für sich selbst einen Lebensentwurf zu entwickeln, die Symptome ihrer Entwicklungsstörung kognitiv zu verstehen und ihre Funktion im Alltag und in den Beziehungen zu erkennen.
Ziel der Wohngruppe ist es mit den Mädchen gemeinsam, die eigenen Potenziale zu entwickeln, das Selbstwertgefühl zu stärken, indem die eigenen Stärken herausgefunden und maximal gefördert werden.
Methodische Schwerpunkte der Arbeit sind dabei:
Strukturierende Alltagsbegleitung
Mädchengerechte Pädagogik
Partizipation
Systemische Familienberatung
Strukturierte Gruppenarbeit
Psychodrama
Verhaltenstherapeutisches Training
Medizinische Begleitung
3. Betreuungsziele
Übergeordnetes Ziel eines Aufenthaltes in der Gruppe ist es, Mädchen und jungen Frauen zu helfen, eine eigene Identität zu finden und Voraussetzungen für ihren eigenen langfristigen Lebensplan zu schaffen. Die Symptome, die zur Aufnahme geführt haben, sollen dabei im Laufe des Aufenthaltes immer weiter in den Hintergrund rücken. Da unseres Erachtens alle Jugendlichen Ideen über ihr zukünftiges Leben haben, ihre Krisen häufig in Zusammenhang mit der Unvereinbarkeit dieser Ideen und der Realität stehen, gilt es, die individuellen Ziele herauszuarbeiten und in den eigenen sozialen und familiären Rahmen zu stellen.
Die Krisen sind stets in engem Austausch mit gesellschaftlichen Bedingungen, kulturellen Vorgaben, individueller Verletzlichkeit und dem Familiensystem entstanden, so dass sich folgende Zielbereiche als Ausrichtung unserer pädagogischen Arbeit ergeben:
Erarbeitung der eigenen Identität
Selbstakzeptanz
Selbstwertschätzung
Ichstärkung
Sexuelle Identität
Entscheidungsfindung
Entscheidungsfähigkeit
Genußfähigkeit
Neugier
Wissen und Bildung
Erarbeitung einer sozialen Identität
Fürsorge, Empathie
Konfliktfähigkeit
Soziale Verantwortung
Soziale Abhängigkeit
Entwicklung schulischer und beruflicher Perspektiven
Aktive Freizeitgestaltung
Liebesfähigkeit
Akzeptanz der eigenen Verletzlichkeit und
des Symptoms
Anerkennung des Symptoms als inadäquaten Lösungs-
versuch in Beziehungen
Bearbeitung der individuellen Kontextbedingungen
zur Aufrechterhaltung der Symptome
Erarbeitung von alternativen Verhaltensweisen im
Umgang mit Situationen,
die als belastend empfunden werden
Entwicklung eines liebevollen, gesundheitsbewußten
Umgangs mit dem eigenen Körper
4. Leistungsbereich
4.1. Platzzahl
Das Intensivangebot besteht in Form einer Wohngruppe mit 8 Plätzen
4.2. Betreuungsdichte, Qualifikation
In der Wohngruppe sind Mitarbeiterinnen mit folgender Qualifikation tätig:
Leitung
Dipl. Psychologin, Psychotherapeutin für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
pädagogische/ therapeutische Begleitung
Ergotherapeutin, Erzieherin, Dipl. Psychologin, Dipl. Sozialpädagogin, Dipl. Sozialarbeiterin
4.3 Zielgruppe
Das Intensivangebot richtet sich an Mädchen und junge Frauen ab 12 Jahren, die unter Magersucht, Bulimie, Phobien, Zwangsstörungen, neurotischen Depressionen, Ängsten, selbstverletzendem Verhalten und Kontaktstörungen neigen, sowie dissoziativen Störungen und Pubertätskrisen. Meist ist eine Behandlung in einer psychiatrischen Klinik vorangegangen.
Struktur der Gruppe
Pädagogik | Beratung | Medizin |
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Aufnahme |
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Probewohnen bis zu 7 Tagen | Vorstellungsgespräch Familie/Juamt/Dipl.Psych./ Dipl.Sozpäd. | medizinische Diagnostik ltd. Oberarzt KJP- RWTH Aachen |
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Alltag |
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| Gruppen |
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gemeinsame Mahlzeiten Dipl. Sozpäd/Erzieherin 6 mal pro Tag | Therapiegruppe Dipl. Psychologin Gemeinsame Themen 1mal alle 14 Tage |
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Kochgruppe Dipl Sozpäd/Erzieherin gemeinsames Kochen 1-2 mal pro Woche | Zielplangruppe Gesamtes Team/ Alle Mädchen Individuelle Ziele für den nächsten Monat 1 mal im Monat |
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Organisationsgruppe Dipl. Sozpäd/Erzieherin Haushaltsorganisation 1 mal pro Woche | Ergotherapiegruppe Ergotherapeutin handlungs-u zielorient.Arbeiten 1-2 mal pro Monat |
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Essenstraining außerhalb Dipl.Sozpäd./Erzieherin 1 mal pro Woche |
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päd. Freizeit-Gruppe Dipl. Sozpäd./Erzieherin 1 mal pro Monat |
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Ferienfreizeit Dipl.Sozpäd/Erzieherin 2 mal 1 Woche pro Jahr |
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| Individuelle Beratung |
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BezugspädagogikDipl.Soz.päd/Erzieherin Einzelaktivität 1 mal pro Woche | EinzelberatungDipl.Psychologinindividuelle Problematik 1-2 mal pro Woche | Visite Oberarzt der KJP-RWTH Diagnostik u Verlauf 1mal pro Woche |
Schule/Ausbildung Dipl. Sozialpädagogin Lehrerin Lernen/Nachhilfe/Silentium bei Bedarf | Verhaltensanalyse/Verhaltens-diagnostik Therapeutin/Pädagogin 1 mal pro Woche |
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| Familienberatung |
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| Dipl. SozialpädagoginDipl. PsychologinGespräch: 1 mal pro Monat |
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Entlassung |
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| Hilfeplanung |
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| Juamt/Familie/Arzt Dipl.Psychologin/Dipl.Sozpäd. Verlauf/Entlassung Dokumentation/Gespräch 2-3 mal pro Jahr |
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4.4.1. Aufnahme und Diagnostik
Jedes Mädchen, das sich in dieser Gruppe vorstellt und eine Woche „auf Probe“ wohnt, erhält während dieser Zeit eine diagnostische Begleitung. Um ein individuelles Konzept gewährleisten zu können, wird mit den Mädchen ein möglichst umfassender, jedoch flexibler, Erziehungsplan während ihres Aufenthaltes erarbeitet. An Hand dieses Erziehungsplanes entscheiden wir dann auch gemeinsam mit dem Mädchen, seiner Familie, den Kolleginnen des Jugendamtes und den behandelnden Ärzten, ob eine Aufnahme in dieser Gruppe möglich ist und wenn ja, welche Ziele angestrebt werden sollen.
Zur Diagnostik gehören auf jeden Fall die Diagnostik der vorausgegangenen stationären oder ambulanten Behandlung der Kinder- und Jugendpsychiaterinnen, eine systemisch - familientherapeutische Diagnostik, eine psychologische Diagnostik von Persönlichkeit und Leistungsverhalten, so sie noch nicht vorliegt und eine Entwicklungsdiagnostik mit der Zielsetzung die pädagogischen Rahmenbedingungen zu konstituieren. Alle Ergebnisse fließen in den Betreuungs- und Behandlungsplan mit ein, der von den Mädchen und den Mitarbeiterinnen des Hauses als gemeinsamer Vertrag abgeschlossen wird.
Konsequenzen, die erfolgen bei Nichteinhaltung des Vertrages, werden in diesen mit aufgenommen. Die Bezugspädagogin, die für die Dokumentation zuständig ist, verwaltet diesen Vertrag und ist für die Einhaltung auf der Mitarbeiterinnenseite zuständig.
Die Eltern, bzw. Erziehungsberechtigten erhalten selbstverständlich Einsicht in diese Verträge und können sich je nach Wunsch des Mädchens an dem Programm beteiligen.
4.4.2. Pädagogik in Alltag und Freizeit
In der Wohngruppe werden die Mädchen 24 Stunden täglich von den pädagogischen Fachkräften im Schichtdienst betreut.
In den persönlichen Zimmern können die Mädchen entweder ihre eigenen Möbel mitbringen oder das Mobiliar des Hauses benutzen. Es gibt die Möglichkeit im Einzelzimmer oder in Doppelzimmern zu leben, die durch ihre Größe jedem Mädchen ausreichend privaten Platz bieten.
Der Alltag der Mädchen hat durch Schulbesuch, Freizeitangebote, Haushaltspflichten und Beratung einen festen strukturierten Rahmen. Die Pädagoginnen sind für die Alltagsrituale zuständig. Für jedes Mädchen wird ein individueller Alltagsstrukturplan erarbeitet, in den das Mädchen individuelle Freiräume setzen kann.
Gemeinsame Pflichtaufgaben sind neben den drei Hauptmahlzeiten, die Organisationsgruppe einmal in der Woche, die Einzelberatungen, einmal im Monat die Zielplangruppe, eine Therapiegruppensitzung, die einmal innerhalb von 14 Tagen stattfindet, und einmal im Monat das Familiengespräch.
Menschen, die in Ängsten leben, können am gedeckten Tisch der „Freizeit - Gesellschaft“ verhungern.
Für jedes Mädchen wird ein Freizeitprogramm entwickelt. Dieses Freizeitprogramm wird, wenn es von den Mädchen gewünscht wird, durch die Pädagogen begleitet. Ziel ist allerdings, daß die Mädchen ihre Freizeit alleine gestalten, unabhängig von den Betreuerinnen und der Gruppe. Die Mädchen sollen ihre Stadt erobern und die Möglichkeiten der kulturellen Vielfalt nutzen lernen. Aus einem großen Angebot auswählen, bedeutet neben dem Zugreifen auch sich zu begrenzen. Aus diesem Grund müssen sich die Mädchen zu Beginn, an ihr selbst aufgestelltes Programm halten und können dies nicht jederzeit umstürzen. Damit die selbstgewählte Auswahl auch fruchtet, ist die Pädagogin in Krisenzeiten natürlich zu Reflexionen bereit.
Für die Mädchen, die keine Möglichkeiten haben oder sich noch nicht in der Lage fühlen, außerhalb des Hauses ihre Freizeit zu verbringen, wird ein Hobby gesucht, daß in unserem Rahmen stattfinden kann und dann unter der Anleitung unserer Pädagoginnen stattfindet.
4.4.2.1 Die Gruppen:
Gemeinsame Mahlzeiten:
Die Mahlzeiten strukturieren den Tag. Die Hauptmahlzeiten werden wenn möglich mit allen Mädchen gemeinsam eingenommen. Alle Mahlzeiten werden, wenn es nötig ist, durch die Pädagoginnen begleitet.
Jedes Mädchen, das an einer Essstörung leidet, erhält von unserer Ernährungsberaterin, welche die Pädagoginnen unterstützt, einen individuellen Essensplan. Jedes Mädchen mit einer Essstörung erhält zu Beginn des Aufenthaltes das Essen auch portioniert. Wir möchten mit diesen Maßnahmen die Mädchen unterstützen, ihr Gewicht halten zu können und für den Beginn ihres Aufenthaltes ein Stück Verantwortung übernehmen, so dass sie sich auf die neue Situation einlassen können und nicht bei den ersten Konflikten auf die altbekannten Muster des Essverhaltens zurückgreifen müssen.
Gemeinsame Mahlzeiten sind in der Einrichtung für alle Mitbewohnerinnen ein Ritual, das die Gemeinschaft fördert und Störungen rasch offen legt.
Kochgruppe:
Einmal pro Woche kocht eine kleine Gruppe von 2-3 Mädchen für die gesamte Gruppe. In der Ferienzeit findet dies unter der Woche statt. Im Schulalltag an den Wochenenden.
Ziel dieser Gruppe ist für die essgestörten Mädchen, wieder einen normalen Umgang mit Lebensmitteln zu erhalten. Für alle Mädchen ist das Ziel zu lernen, eine Aufgabe für die Gemeinschaft zu übernehmen.
Organisationsgruppe:
In dieser Gruppe werden die Pflichten des Alltags gemeinsam mit den Mädchen für die nächste Woche besprochen und die einzelnen Aufgaben verteilt.
Innerhalb des Alltags ist es für die Mädchen und jungen Frauen wichtig, die alltäglichen Aufgaben, die in einem Haushalt entstehen, gemeinsam zu bewältigen. Damit dies reibungslos erfolgen kann, gibt es einen Regelplan, der auch gemeinsam in der Gruppe erarbeitet wird und der als einzuhaltender Vertrag für alle verbindlich gilt. Die Aufrechterhaltung dieser Struktur wird von den Mädchen und den Pädagoginnen überprüft.
Ziel ist hierbei, die Übernahme der Verantwortung für die eigenen Handlungen zu erleben und gleichzeitig die Auswirkungen dieser Handlungen auf die Gruppe zu erkennen.
Essenstraining
Einmal in der Woche bieten die Pädagoginnen ein Essenstraining außer Haus an. Die Mädchen, die unter Essstörungen leiden, haben oft große Ängste, in der Öffentlichkeit Nahrung zu sich zu nehmen. Um diese Ängste zu reduzieren, müssen alle Mädchen einmal pro Woche eine kleine Mahlzeit zwischendurch gemeinsam in der Gruppe absolvieren. Diese Mahlzeit wird vorbesprochen und mit einer Reflektionsrunde abgeschlossen.
Freizeitgruppe
An einem Wochenende im Monat gestalten die Mädchen ein gemeinsames Freizeitprogramm. Mit den Pädagoginnen wird dieses vorbesprochen und umgesetzt.
Viele der Mädchen haben auf Grund ihrer Krankheiten in den letzten Jahren keinerlei Gruppenerlebnisse mehr gehabt, sondern sich immer nur vereinzelt mit ihren individuellen Konflikten auseinandergesetzt. Das gemeinsame Erleben in der Gruppe ist Ziel dieser Freizeitaktivitäten.
Ferienfreizeit
Zweimal im Jahr vereist die Gruppe in den Schulferien für eine Woche mit unterschiedlichen Zielen. Welche Orte besucht werden hängt von den Wünschen der Mädchen und den pädagogischen Zielen ab. Es können Bildungsreisen in Städte sein oder Erholungsfahrten ans Meer.
Die Mädchen werden an der Vorbereitung der Reise, an der Umsetzung und an den Zielen einer solchen Fahrt beteiligt.
Die Umsetzung eigener Wünsche an die Realitäten der Gruppe anzupassen ist ein Ziel einer solchen Fahrt, aber auch der Umgang mit Geld, die Einhaltung der eigenen Grenzen zugunsten eines gemeinsamen Zieles und das Erleben der eigenen Person im Schutz einer Gruppe.
4.4.2.2 Das Mädchen:
Bezugspädagogin
Jedes Mädchen erhält eine Pädagogin an ihre Seite, die für ihre Fragen, Konflikte und Aufgaben zuständig ist. Die Bezugspädagogin kümmert sich um die Organisation des medizinischen und schulischen Rahmens, um die Freizeitgestaltung und hält den Kontakt zu den Kolleginnen der Jugendämter. Sie ist auch in den Familienberatungen die Co – Therapeutin und unterstützt ganz gezielt in diesen Gruppen das Mädchen und ihre Wünsche.
Die Bezugspädagogin ist gemeinsam mit der Psychologin zuständig für die Erstellung und Umsetzung des Erziehungsplanes und für die Dokumentation.
Sie führt gemeinsam mit den Kolleginnen der Jugendämter die regelmäßig stattfindenden Hilfeplangespräche.
Schule und Ausbildung
Der bisherige schulische Rahmen soll erhalten bleiben. Im Entwicklungsplan, der für jedes Mädchen erstellt wird, hat der schulische und berufliche Bereich einen großen Stellenwert. Gerade für die Mädchen, die einen langen Zeitraum ihres Lebens im Krankenhaus verbracht haben, ist es wichtig wieder einen schulischen Anschluss an ihre Altersklasse zu finden. Damit dies auch in Konfliktsituationen erreicht werden kann, ist uns ein enger Austausch mit den Lehrerinnen und Lehrern der verschiedenen Schulen äußerst wichtig.
Diese regelmäßigen Kontakte mit den KlassenlehrerInnen werden von der Bezugspädagogin begleitet. Es kann im Bedarfsfall auch Nachhilfe von außen in Anspruch genommen werden.
In Ausbildungs- und Weiterbildungsfragen werden die Jugendlichen auch durch die Bezugspädagogin begleitet, die gemeinsam mit ihnen und den Eltern nach Beendigung der Schulzeit einen Weiterbildungsplan entwickelt. In diesen Fragen werden möglichst alle Angebote in der Stadt und im Kreis Aachen genutzt, um für die Mädchen eine ihren Möglichkeiten entsprechende Ausbildungsstelle zu finden.
4.4.3. Beratung
Die Gruppen:
Therapiegruppe
Diese Gruppe findet alle zwei Wochen statt, dauert 90 Minuten und wird von einer Dipl. Psychologin geleitet. Die gesamte Gruppe der Mädchen nimmt daran teil.
Ziel dieser Gruppe ist es, mit Hilfe von psychodramatischen und verhaltenstherapeutischen Techniken, individuelle Konflikte darzustellen und mit Hilfe der Gruppe diese zu erkennen und zu lösen. Dies können Konflikte in der Gruppe, aber auch Schwierigkeiten mit den Eltern, mit der Schule oder im Freundeskreis sein.
Ein Schwerpunkt dieser Gruppe ist es, sich von den eigenen Problemen ein Stück weit distanzieren zu können, sich auf die Hilfe und Anteilnahme der anderen Menschen einlassen zu können und mit Hilfe der anderen Mädchen auch die humorvolle Seite des eigenen Leidens zu sehen.
Die Darstellung der eigenen Problematik in dieser Gruppe steht jedem Mädchen frei.
Zielplangruppe
Diese Gruppe findet einmal im Monat statt, an ihr nehmen alle Mitarbeiterinnen und alle Mädchen teil. Die Leitung übernimmt die Gruppenleiterin.
Jedes Mädchen hat in dieser Gruppe die Gelegenheit, eigene Ziele für die nächsten vier Wochen zu formulieren, die Ziele des vergangenen Monats zu überprüfen und sich der Einschätzung und den Rückmeldungen zu diesen Zielen durch die anderen Mädchen und Pädagoginnen zu stellen.
Schwerpunkte dieser Gruppe sind zum einen die Darstellung der eigenen Gedanken und Sichtweisen in einer geschützten Öffentlichkeit, auf der anderen Seite, bereit zu sein, sich mit der Wahrnehmung anderer auseinander zu setzen. Durch das Einfühlen in die Situation eines Gegenübers in einem sehr ritualisierten Rahmen, lernen die Mädchen auch, ihre eigenen Erwartungen an sich zu überprüfen und in Frage zu stellen.
Ergotherapiegruppe
Im Mittelpunkt der Ergotherapie stehen handlungsorientierte Kompetenzen. In der regelmäßig stattfindenden Projekt- oder Themengruppe geht es zum einen darum, sich praktisch auf gestalterischer Ebene mit eigenen Zielen, Wünschen, Ressourcen und konstruktiven Alternativen auseinander zu setzen. Zum anderen geht es um die Förderung sozialer Kompetenzen und individueller Fertigkeiten im Rahmen von interaktionellen Projektarbeiten.
4.4.3.2. Das Mädchen:
Einzelberatung
Jedes Mädchen erhält je nach diagnostischer Einschätzung ein bis zwei Einzelberatungstermine pro Woche. In diesen Gesprächen wird ein Rahmen geboten, in dem sich das Mädchen mit ihren Konflikten, Ängsten, aber auch Wünschen und Sehnsüchten und ihren Auswirkungen auf die verschiedenen Lebensbereiche auseinandersetzen kann. Individuelle Probleme sollen erkannt, analysiert und beantwortet werden. Hier haben auch gerade schambesetzte Themen Platz, wie Umgang mit der eigenen Sexualität oder psychische und physische Verletzungen durch andere.
Ziel ist es mit den Mädchen, die eigenen Fähigkeiten zu erkennen, eigenverantwortliches Handeln zu fördern und sich selbst schätzen zu lernen. Wichtig in der Einzelberatung ist es, mit den Mädchen Alternativen zu selbst zerstörerischem Verhalten zu entwickeln.
Diese Beratung wird von einer Dipl. Psychologin mit systemischer Familientherapie-ausbildung durchgeführt.
Verhaltensanalyse
Gezielte Einzelangebote im Schnittpunkt zwischen Therapie und Pädagogik bestehen vor allem in Form der sogenannten „Fertigkeiten – Trainings“ für Mädchen mit selbstverletzendem Verhalten. Hier stehen die Verhaltensanalyse sowie die Erarbeitung und das gezielte Training von Alternativen oder Fertigkeiten im Mittelpunkt.
Schwerpunkt dieser Beratung ist die Übernahme der eigenen Verantwortung für die eigenen Handlungen und ihre Folgen. Nicht die Suche nach den Ursachen von außen für die eigenen Schwierigkeiten und die Erwartung, dass andere sie lösen, sondern die Fähigkeit des Mädchens ihre eigene Stimmung auch unter schwierigen Bedingungen immer besser selbst und eigenständig aushalten und verändern zu können, sind Ziele dieser Analysen.
4.4.3.2 Familienberatung
Zu den wichtigen Aufgaben in dieser Gruppe gehört die regelmäßige und gezielte Beratung der Eltern und der gesamten Familie einmal im Monat.
Ziel dieser Familienarbeit ist es in erster Linie, die Kommunikation der einzelnen Mitglieder einer Familie zu verbessern und die Eltern und das Mädchen in ihrer Konfliktfähigkeit und Emotionalität miteinander zu stärken. Durch lange Krankheiten verändern sich die Rahmenbedingungen einer Familie so deutlich, dass alle Mitglieder einer Familie der Hilfe von außen bedürfen, um wieder ein gesundes Klima entwickeln zu können, indem es Freude macht zu leben. Damit die Mädchen wieder in den Haushalt der Eltern zurückkehren können oder sich von diesen soweit ablösen zu können, um auf eigenen Beinen zu stehen, ist die Unterstützung der Eltern unseres Erachtens von hoher Dringlichkeit.
Familienmuster, Familienrituale, Generationsstrukturen werden hierbei auf ihre Tauglichkeit für alle Mitglieder einer Familie untersucht, überprüft und gegebenenfalls verändert.
4.4.4. Medizin
4.4.4.1. Die Gruppe:
Alle Mädchen werden von der Aufnahme bis zu ihrer Entlassung aus unserer Gruppe durch die Kinder- und Jugendpsychiatrie der RWTH Aachen medizinisch betreut und begleitet. Falls sie Medikamente erhalten, werden sie durch die Fachambulanz in regelmäßigen Sprechstunden untersucht und erhalten auch dort ihre Medikation.
Bei der Aufnahme und der Entlassung wird eine medizinische Diagnostik durch die Ärzte der KJP angefertigt.
4.4.4.2. Das Mädchen:
Visite
Ein Mal pro Woche, mindestens zwei Mal im Monat kommt ein Oberarzt aus der Kinder– und Jugendpsychiatrie der RWTH Aachen in unsere Einrichtung. Mit ihm besprechen die Mitarbeiterinnen die medizinischen Probleme der Mädchen: Medikamente, Gewicht oder andere Störungen des Alltags, soweit sie medizinische Bereiche tangieren. Hierzu gehört auch die Überprüfung einer Einschätzung von Mitarbeiterinnen zu Selbstmordgedanken bei einem Mädchen oder zur Häufigkeit selbstverletzenden Verhaltens.
Jedes Mädchen hat dann auch die Möglichkeit, mit dem Arzt oder der Ärztin zu sprechen und sich Rat und Hilfe zu holen.
5. Das Team
Die Mädchen werden 24 Stunden/Tag betreut. Die Pädagoginnen begleiten den Alltag der Mädchen. Der Dienstplan ist so gestaltet, daß die Bezugspädagogin, die für zwei Mädchen zuständig ist, einen genügend großen Freiraum hat, um Einzelberatung und Begleitung durchführen zu können.
Die Ergotherapeutin hat einen gesonderten Dienstplan. Sie arbeitet vor allem im Nachmittagsbereich und an den Abenden, damit sie die Mädchen auch gut neben deren Schul- und Freizeitprogramm erreichen kann.
Die Einzelberatung, die Familienberatung und die Gruppentherapie werden von einer Dipl. Psychologin abgedeckt, die diese Angebote ebenso hauptsächlich im Abendbereich anbietet.
Die Mahlzeiten der Mädchen werden durch die Mitarbeiterinnen der Einrichtung nach den Vorgaben einer Ernährungsberaterin zubereitet. Die Mädchen werden in alle Haushaltspflichten, so es der Schulbesuch ermöglicht, miteinbezogen.
Die fachliche Qualifizierung erfolgt einerseits intern über regelmäßig stattfindenden Fortbildungskonferenzen oder durch externe Angebote.
Das Team steht durch die regelmäßig wöchentlich stattfindende strukturierte Teamsitzung in gutem Austausch.
Das Team selbst entwickelt aus der Arbeit heraus Fragen, die von der Supervision, der Leitung und von externen Referenten beantwortet werden.
Aachen, März 2008
Esther Flemming
Dipl. Psychologin
Psych. Psychotherapeutin
für Kinder, Jugendliche und Erwachsene